HEARTBEAT

NM im Kult-Bau

>>>verschoben auf Mittwoch, 2. Juni 2021, 20:00 Uhr

„HEARTBEAT“

Hans Peter Gansner liest aus seinen HERZ-Gedichten
Moderation: Florian Vetsch

Kult-Bau
Konkordiastrasse 27
9000 St.Gallen
(Eintritt frei, Kollekte)

In seinen HERZ-Gedichten, bislang erschienen im Songdog Verlag, Wien/Bern, vier Bände, spürt der Autor Hans Peter Gansner (*1953 in Chur, lebt in Schaffhausen) den konkreten und symbolischen Bezügen des Themas Herz nach. Dabei geht er das Thema existenziell an, bespielt es aber mit viel Witz, Verve und Lebensmut vor einem weiten Verweisungszusammenhang, zu dem Albrecht Dürer und François Villon so selbstverständlich zählen wie Rilke, Benn oder die Songs der Beat- und Post-Beat-Ära. Gansner, ein variationsreicher Sprachkünstler, betritt immer wieder neue Endroits, lässt das zentrale Thema oft jäh in einer unerwarteten Situation aufblitzen und kann zugleich zu schmissig fetzigen Balladen ausholen. Der grosse alte Charles Linsmayer hat einmal über Gansners „zeit gedichte“ (1998) geschrieben: „Das gibt es noch: Literatur, die wie einst diejenige von C. A. Loosli zornig wider den Stachel löckt, die schöne neue Welt des Kapitalismus und die Gleichmacherei der Political correctness zum Teufel wünscht und ohne Rücksicht auf Verlust beim Namen nennt, was andere tabuisieren. (…) Dabei ist das Buch dort am stärksten, beeindruckendsten, wo es unverwechselbarer Gansner ist: da, wo sich Frustration, Zorn, politische Hellsicht und Poesie zu einem Agitprop verbinden, der dem uralten Wort Aufklärung einen neuen, ehrlichen, frechen Sinn gibt.“ Diese Einschätzung gilt noch für Hans Peter Gansners illuminierende HERZ-Gedichte. Und wie der Autor selbst erläutert: „Alles ist Herz; Herz ist alles!“

 

 

herzlinie

ich habe gelesen: der daumen des prokurators
war nach unten gerichtet und eine hohle hand
wurde verstohlen nach dem lohn ausgestreckt
während rohe fäuste nägel durch hände hämmerten
errichtend das weltreich des faustrechts.

ich weiss: kolbenhiebe haben die hände verstümmelt
des sängers im stadion von santiago de chile
und fäuste schlagen noch immer in stumme gesichter
und die finger am abzug krümmen sich wieder
und wieder im sinternden licht des morgengrauens.

du berichtest: eine hand hat den schlagstock ergriffen
und eine andere im aufgerissenen kopfsteinpflaster gewühlt
um den ersten stein zu werfen auf die gletscherwand
und die hand eines verzweifelten lege schon die lunte
an die zellentür hinter der er erstickt.

und doch glaube ich: eine faust wird sich öffnen
und zeigen dass sie leer ist und ein finger wird sich
nicht krümmen sondern ausgestreckt
vorwärts weisen und der verstümmelte wird mit
seinen armstümpfen dirigieren in der erinnerung des volkes

bis zur befreiung. und die hand des verzweifelten zieht
die zündschnur zurück und eine hand dreht den schlüssel
im schloss und stein und schlagstock entfallen den erhobenen
händen die endlich zueinander finden nach den handgreiflichkeiten
und allen wird schliesslich ihre schwesterliche hand reichen

eine neue und nie gekannte herzlichkeit

Hans Peter Gansner: „megaherz – Gedichte“. Songdog. Wien 2016

Links

Webseite von Hans Peter Gansner
http://www.hpgansner.net/

Wikipedia Eintrag
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Peter_Gansner

Viceversa Eintrag
https://www.viceversaliteratur.ch/author/11731

Autoreneintrag Songdog Verlag
http://www.songdog.ch/autoren-detail/h-p-gansner.html

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Hans Peter Gansner (Foto: Helen Brügger)