SUPERBASTARD COMES TO TOWN

NM im Kult-Bau

>>> Dienstag, 20. November 2018, 20.00 Uhr

SUPERBASTARD COMES TO TOWN

Mit Susann Klossek, Benedikt Maria Kramer & Andreas Niedermann.
Moderation: Florian Vetsch

(Eintritt frei, Kollekte)

Susann Klossek studierte in Leipzig Germanistik und Slawistik. Im Zuge der Wende verschlug es sie nach Zürich, von wo aus sie acht Jahre lang Rohöldestillationsanlagen nach Russland verkaufte. Später wechselte sie in den Journalismus und ist seither als freie Redakteurin und Produzentin für verschiedene Medien, fürs Theater und das Schweizer Fernsehen tätig. Bisher sind zehn Bücher (Reisereportagen, Gedichte, Shortstories, Zeichnungen) von ihr erschienen, zuletzt im Gonzo Verlag das Road-Poem Pferde wetten nicht auf Menschen und im Freiraum-Verlag die Kollaboration mit Benedikt Maria Kramer Der Mann im gelben Kleid – Hohelied der Flughunde. Unter dem Titel Nachrichten aus dem beschädigten Ich schreibt sie einen Blog.
Mehr Informationen über die als weiblicher Bukowski gefeierte Autorin unter www.susann-klossek.ch

Im Openhand Café gerate ich an den Tisch von Saranam, Bolko und Suryia. Sie haben ihre bürgerlichen Namen abgelegt und praktizieren in North Dakota und Stockholm als Tantra-Lehrer das rote Tantra. Das rote sei das erotischste aller Tantra-Richtungen, bei dem es am Ende zwischen Shakti und Shiva zur sexuellen Vereinigung kommt, erklärt Saranam, lässt dabei seine Hakennase zittern und wedelt mir mit seinen schwarz gefärbten, schütteren Locken vorm Gesicht herum.
Die drei sind hier an einem Workshop bei irgendeinem indischen Tantra-Meister zugange, um ihren Horizont zu erweitern und ihre Schüler künftig noch inniger zu beglücken. Yoga – ja. Meditation – ja. Tantra – von mir aus. Kopulation mit dem Meister – nein.
Suryia hat schönes, haselnussbraunes langes Haar und ein hübsches Babyface mit einem bezaubernden Lächeln.
«Beim Tantra fallen alle Masken», sagt sie, «wir begegnen uns auf göttlicher Ebene.»
Da kann ich für sie nur hoffen, dass Saranam und Bolko unter ihren Masken besser aussehen. Sie sind wirklich hässlich und ich könnte gar nicht so sehr in Trance geraten, um diese Gesichter auszublenden. Ich bin aufgeschlossen gegenüber Tantra und halte viel von körperlicher Ekstase auf höherer Bewusstseinsebene. Die Leute stören halt einfach dabei. Bolko bleckt verzückt sein Pferdegebiss und balzt Suryia unverblümt an.
«Komm doch auch», sagt Suryia und zum ersten Mal bin ich froh darüber, direkt am Fluss zu wohnen.
«Ich darf nicht», sage ich, «ich wohne am Assi Ghat. Sex ist da strengstens untersagt. Ich befinde mich quasi in einem Entsagungs-Retreat.» «Ohhhh», sagt sie, «das tut mir aber leid», und ich bin drauf und dran, dieses Bedauern auch für sie auszudrücken. Doch dann denke ich mir, wenn sie freiwillig mit Pferd und Zwergnase vögeln will, wer bin ich, sie davon abzuhalten
aus Susann Klossek: VARANASI

Benedikt Maria Kramer (*1979 in Dachau) studierte nach einer Ausbildung zum Steinmetz Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Zwischen 2002 und 2007 Regie bei Kurz- und Langfilmen. Einige Auszeichnungen und Nominierungen. 2010 Gründung des Literaturmagazins Superbastard, das von Anfang an im Maro-Verlag gedruckt und ab 2013 vom Songdog-Verlag verlegt wird. 2016 Veröffentlichung des Lyrikbands Glücklichsein ist was für Anfänger und des Wortgefechts Der Mann im gelben Kleid, ein Dialog in Gedichtform zwischen Kramer und der Zürcher Autorin Susann Klossek. Zuletzt erschien in der Reihe Verstreute Gedichte im gONZo-Verlag das Heft In der Nachbarschaft. Vertonung vieler Texte durch die Band Rabenbad, deren Sänger er ist. Die Lesung am 20.11. im Kultbau ist auch Buchpremiere für seinen neuen bei Songdog erscheinenden Gedichtband Würdest du die Cops rufen, wenn ich in deiner Einfahrt mein Portemonnaie verbrenne? Mehr Informationen unter: www.Benedikt-Maria-Kramer.de 

Austern in Manzanita

Nach den Austern und Gin Tonics
am Tresen in Manzanita
steigst du in dein Mietauto und
fährst zurück nach Cannon Beach.

Im Mietauto ist Rauchen verboten,
deswegen rauchst du aus dem Fenster.
Du siehst den Pazifik nicht,
aber du weißt, er ist da draußen.

Vor dir auf der Straße dreht sich
ein Waschbär wie verrückt im Kreis.
Den hat einer angefahren, denkst du,
und bist froh, dass der Wagen vor dir anhält.

Du parkst vor deinem Zimmer und
klemmst dir Bier unter den Arm.
Im Zimmer ist Rauchen verboten,
deswegen rauchst du aus dem Fenster.

Dann knackst du eine Dose,
ziehst dich aus, legst dich aufs Bett.
Du siehst den Pazifik nicht,
aber du weißt, er ist da draußen.

aus Benedikt Maria Kramer: Würdest du die Cops rufen, wenn ich in deiner Einfahrt mein Portemonnaie verbrenne?

Andreas Niedermann (*1956 in Basel) zog nach einer Ausbildung zum Chemie- und Textillaboranten quer durch Europa. Er war als Steinbrecher, Journalist, Kinobetreiber, Alphirt, Theatertechniker und Fitnesstrainer tätig. 1987 veröffentlichte er seinen ersten Roman Sauser (Neuausgabe 2007). 1989 zog er nach Wien, wo er 2004 den Songdog-Verlag gründete. Inzwischen sind von ihm ein halbes Dutzend weitere Romane sowie ein paar Story-Bände erschienen, zuletzt der atmosphärische, im hochsommerlichen Wien angesiedelte Kriminalroman Blumberg. Andreas Niedermann lebt als Autor und Verleger in Wien und Wengen. Mehr Informationen unter http://www.songdog.at/andreas-niedermann.html 

Sie wandte sich nach rechts und marschierte quer durch das hohe Gras auf die Scheune zu. Der Geruch nach verbranntem Horn wurde intensiver, ihr Herz klopfte im Hals. Sie hatte das Gefühl, dass sie nun gleich vor etwas stehen würde, vor dem sie lieber nicht stehen wollte, vor etwas, das sie besser niemals sehen würde. Sie gelangte in den schmalen Schattenstreifen vor dem breiten Schiebetor, das mit einem einfachen Holzriegel verschlossen war. „Du brauchst da nicht hineingehen“, sagte sie laut, „du brauchst da nicht rein.“ Sie erschrak über den Klang ihrer Stimme, die in dem Geviert ein schwaches Echo auslöste. Nein, du brauchst da nicht rein. Aber warst du nicht mal eine Journalistin? Warst du nicht mal an der Seite von Lenny in einer Hölle gewesen? Nicht lange, zugegeben, aber doch. Nein, du musst da nicht rein, aber du wirst es tun. All das, was du in deinem Leben bislang getan hast, hat dich vor diese Tür geführt. Was immer sich dahinter befinden mag, du wirst sie öffnen und es herausfinden.
aus Andreas Niedermann: Blumberg – Kriminalroman. Songdog. Wien 2018

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Susann Klossek

 

Benedikt Maria Kramer

 

Andreas Niedermann